null Ärztekammer Wien: Schikanöse Kostenbelastung für ausbildende Ärztinnen und Ärzte

Ärztekammer Wien: Schikanöse Kostenbelastung für ausbildende Ärztinnen und Ärzte

Bundesländer und Gesundheitsministerium erschweren die Ausbildung im niedergelassenen Bereich sowie die Qualitätskontrolle

Ein Begutachtungsentwurf des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK) sorgt für Fassungslosigkeit in der Wiener Ärztekammer. Per 1. Jänner 2023 sind die Kompetenzen in der Ärzteausbildung - konkret die Anerkennung von Ausbildungseinrichtungen sowie Qualitätskontrollen der Ausbildung in Form von Visitationen - von der Ärztekammer an die Bundesländer übergegangen. Während die Ärztekammer in der Vergangenheit die Verfahren zur Anerkennung von Ordinationen zur Ausbildung - so genannte Lehrpraxen - und die Qualitätskontrollen ohne Kostenbelastung durchgeführt hat, wollen Ministerium und Bundesländer jetzt mindestens 300 Euro für die Anerkennungsverfahren sowie bis zu 500 Euro pro Stunde für die von den Bundesländern gestellten „Fachexperten“ bei Visitationen für Qualitätskontrollen von den Ordinationsinhabern einfordern. Aufgrund der Dauer solcher Verfahren sowie der Beiziehung von Fachexperten ist mit Kosten für die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte von weit über 1000 Euro pro Anerkennung oder Überprüfung zu rechnen. 

„Offensichtlich geht es dem Ministerium und den Landespolitikern nicht um eine Hebung der Qualität und die Förderung der ärztlichen Ausbildung im niedergelassenen Bereich, sondern schlichtweg um eine Manifestierung ihres Einflusses auf den freien Beruf der Ärzteschaft und eine zusätzliche finanzielle und schikanöse Belastung von Ordinationen“, sagt Stefan Ferenci, geschäftsführender Vizepräsident der Wiener Ärztekammer. In der Öffentlichkeit betonen Bundes- und Landespolitiker stets die Attraktivierung des Arbeitsumfelds im öffentlichen Gesundheitswesen und Erleichterungen der ärztlichen Ausbildung, tatsächlich sind aber nur weitere Kostenbelastungen geplant. Damit werde der Personalmangel im öffentlichen Gesundheitssystem aber sicher nicht behoben. „Und das, während auf politischer Ebene eine Diskussion über mehr Studienplätze gegen die Abwanderung von Jungmedizinerinnen und -medizinern ins benachbarte Ausland läuft, wo die Arbeitsbedingungen besser sind als in Österreich. Mit solchen Maßnahmen werden angehende Ärztinnen und Ärzte sicher nicht in Österreich gehalten“, warnt Ferenci.

Vor einigen Monaten wurde die Ausbildungsmöglichkeit in Ordinationen aufgrund der medizinischen Entwicklung nachvollziehbar auf zwei Jahren angehoben, damit mehr Ärztinnen und Ärzte ausgebildet werden können. „Jetzt aber die niedergelassene Ärzteschaft zur Finanzierung von Budgetlöchern der Bundesländer zu zwingen, wird dazu führen, dass das Interesse an der Ausbildung durch niedergelassene Ärztinnen und Ärzte massiv erlahmen wird“, sagt Erik Randall Huber, Vizepräsident der Wiener Ärztekammer und Obmann der Kurie niedergelassene Ärzte. Dieser Schritt der Gesundheitspolitik sei in höchstem Maße unverständlich. Huber: „Die ärztliche Ausbildung ist den Bundesländern in Wahrheit vollkommen gleichgültig. Ihnen geht es nur um die Kompetenzbeschneidung der Ärztekammer als Körperschaft öffentlichen Rechts und Standesvertretung einer freien Berufsgruppe. Es geht der Landespolitik um die Finanzierung der jetzt neu aufgebauten Landesstrukturen, die man sich erspart hätte, wenn die Kompetenzen zur Qualitätskontrolle und Ausbildung bei den tatsächlichen Experten, der Ärzteschaft selbst, verblieben wären.“ Ferenci und Huber fordern von Gesundheitsminister Johannes Rauch und den Gesundheitslandesräten, allen voran dem Wiener Stadtrat Peter Hacker, der sich massiv dafür eingesetzt hatte, dass diese Kompetenzen von der Ärztekammer an die Länder übertragen werden, dass zumindest diese geplante Kostenbelastung nicht umgesetzt wird. (bs)